Inside Internat
Viele Menschen haben eine Vorstellung davon, wie das Leben im Internat sein könnte – Literatur und Filme haben hier ihren Beitrag geleistet. Doch nur wenige haben tatsächlich die Erfahrung gemacht. An dieser Stelle gewähren wir einen einzigartigen Einblick hinter die Kulissen deutscher Internatsschulen und internationaler Boarding Schools.
Wir beleuchten die vielfältigen Aspekte des Internatslebens – von der akademischen Ausbildung über die persönliche Entwicklung bis hin zur Gemeinschaftsbildung und dem Networking über die Schulzeit hinaus. Außerdem bieten wir Einblicke in die finanzielle Struktur von Internatsschulen sowie Möglichkeiten zur Vergabe von Stipendien.
Talente entfalten über den Lehrplan hinaus
Die Entscheidung von Eltern und Kindern für ein Internat kann unterschiedliche Gründe haben. Häufig spielt die Qualität der Bildung eine entscheidende Rolle. Internate zeichnen sich durch kleine Klassen aus, wodurch Lehrer mehr Zeit für die Kinder haben. Diese Schulen sind auch technisch hervorragend ausgestattet und legen Wert auf eine strukturierte Lernumgebung. Dies unterstützt die Schülerinnen und Schüler dabei, bessere Lerngewohnheiten zu entwickeln und ihre Selbstständigkeit zu fördern.
Darüber hinaus bieten außerschulische Aktivitäten den Kindern die Möglichkeit, ihre Interessen und Hobbys zu entdecken und ihre individuellen Talente zu entwickeln. Die enge Bindung an die Schule schafft eine positive Lernatmosphäre und fördert lang anhaltende soziale Beziehungen, die über die Schulzeit hinaus bestehen bleiben.
Zum umfassenden Bildungsverständnis der Internate gehört auch die intensive Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler auf das Studium und den Beruf. Insgesamt machen all diese Qualitätsmerkmale Internate für Eltern zu einer attraktiven Wahl für die Bildung und Entwicklung ihrer Kinder.
Im Internat ist es üblich, dass die Schülerinnen und Schüler den Nachmittag in verschiedenen AGs, Gilden, Sportmannschaften oder mit ehrenamtlichen Tätigkeiten verbringen. Dort lernen die Kinder zusätzliche Fähigkeiten und Fertigkeiten, für die im Regellehrplan sonst kein Platz ist. Anders als an öffentlichen Schulen entfallen am Internat die morgendlichen und abendlichen Pendelzeiten, was den Tagesablauf effizienter gestaltet.
Die vielfältigen Aktivitäten bieten den Kindern die Möglichkeit, Fähigkeiten und Interessen zu entdecken, mit denen sie sonst vielleicht nicht in Berührung gekommen wären. Im Internat wird das Ausprobieren verschiedener Aktivitäten gezielt gefördert, in dem die Teilnahme an außerschulischen Programmen verpflichtend ist.
Jeder Mensch hat Stärken. Diese können im akademischen Bereich liegen oder auch darüber hinaus. Die Kernaufgabe guter Schulen ist es, diese individuellen Talente zu finden und zu fördern. Musik, Kunst, Sport und Theater bieten großartige Wachstumsfelder, insbesondere für soziales, kooperatives und kreatives Lernen. Die Angebote vieler Internatsschulen in diesen Bereichen sind beeindruckend und vielfältig – und zahlen auf das große Bildungsziel eines erfüllten Lebens ein.
Ein festes Tagesprogramm bringt Struktur in den Internatsalltag
Ein gemeinsamer strukturierter Tagesablauf prägt das Leben auf dem Internat. Alle guten Internate legen darauf großen Wert. Dabei geht es nicht im Vordergrund darum, Schülerinnen und Schülern Disziplin beizubringen, sondern andere wichtige Skills fürs Leben. Ein durchdachter Zeitplan sorgt dafür, dass für alle wichtigen Dinge des Alltags genügend Zeit ist. Lernen, Freizeit und Erholung: All diese Elemente spiegeln sich im Tagesprogramm der Internate wider. So lernen die Kinder und Jugendlichen, ihre Zeit clever zu nutzen und eine gesunde Balance zu halten.
Ein typischer Tag im Internat
Ein fester Tagesablauf erleichtert die Aufsicht und sorgt dafür, dass jeder weiß, wo er sein soll. Gerade bei jüngeren Schülerinnen und Schülern sowie Neuzugängen nimmt der Ablaufplan Unsicherheiten und Stress. Hinter dem strukturierten Alltag im Internat steckt mehr als nur Regeln zu befolgen – hier geht es um das Großwerden in einer Umgebung, die Sicherheit, Lernen und Spaß miteinander verbindet.
Janka Zöller, Geschäftsführerin und Beraterin bei Töchter und Söhne weiß:
Eine gute Schule schafft starke Beziehungen. Gute Beziehungen entstehen vor allem durch gemeinsame Zeit und Aktivitäten. Das ist ein Luxus, den die Kinder im Internat haben. Ein Beispiel dafür ist die immer wichtiger werdende Demokratie- und Werteerziehung, die unter anderem durch die Übernahme echter Verantwortung für sich und andere stattfindet. Ich kenne kaum einen anderen Ort, an dem Selbstständigkeit, Teamspirit, Kommunikationsfähigkeit und Konfliktmanagement besser erlernt werden können als im Internat. Diese Fähigkeiten bilden die Grundlage für intensive, oft lebenslange und internationale Freundschaften.”
Deutschlands Internatsgebühren im Vergleich
Internatsschulen sind oft, aber nicht immer Privatschulen. Neben der schulischen Bildung und weitreichenden Freizeitangeboten umfassen sie das Wohnen und die Verpflegung auf dem Campus. Viele sind privat geführt, aber staatlich anerkannte Schulen, die sich über Schulgebühren finanzieren.
Die Kosten für einen Internatsbesuch setzen sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, die das umfassende Angebot dieser Bildungseinrichtungen widerspiegeln. Diese Komponenten sind:
Die genaue Zusammensetzung der Gebühren variiert je nach Internat und dessen individuellem Angebot. Zu den privaten Internatsschulen mit den höchsten Gebühren in Deutschland gehört die Schule Schloss Salem. Zwischen 47.000 und 52.000 Euro kostet die Unterbringung und der Besuch der renommierten Schule am Bodensee. Auf der anderen Seite des Spektrums liegen Internate wie Schloss Hagerhof im nordrhein-westfälischen Bad Honnef mit Internatsgebühren von etwa 20.000 Euro pro Jahr.
Nach einer Auswertung von 30 renommierten Internatsschulen und ihren Gebühren kostet ein Internatsbesuch in Deutschland derzeit im Schnitt 33.000 Euro pro Schuljahr. Unter diesem Schnitt liegen zum Beispiel die Klosterschule Roßleben (ca. 32.000 Euro), das Internat Schloss Wittgenstein (ca. 25.000 Euro) und die Christian-von-Bomhard-Schule (ca. 14.500 Euro). Zu den exklusivsten Internaten in Deutschland gehören dagegen das schon erwähnte Schloss Salem, die Stiftung Louisenlund (ca. 55.000 Euro) und der Birklehof im Schwarzwald (ca. 46.000 Euro).
Die teuersten Internate der Welt
Die Gesamtkosten spiegeln immer auch die Reputation der Schule, die Nachfrage sowie die Qualität der Unterbringung und Verpflegung wider. Weit exklusiver als in den Internatsschulen in Deutschland kann es im Ausland werden.
Ein Alpendorf beschult die Kinder der Eliten
Die Schweizer Gemeinde Villars-sur-Ollon im Kanton Waadt hat fast so viele Internatskinder wie Einwohner, denn hier sind vier der teuersten und exklusivsten Internatsschulen der Welt beheimatet. Die internationalen Boarding Schools La Garenne, Beau Soleil und Aiglon College sowie das Grundschulinternat Préfleuri sind das Zuhause von mehr als eintausend Schülerinnen und Schülern, deren Eltern für den Schulbesuch und die Unterbringung bis zu 160.000 Euro pro Jahr aufbringen.
Sie stammen aus europäischen Königshäusern, internationalen Diplomatenfamilien und milliardenschweren Unternehmerkreisen und machen hier nicht nur exzellente Schulabschlüsse, sondern lernen auch Etiquette und Fachkenntnisse in Bereichen wie Engineering, Design, Entrepreneurship und Politik.
Trotz Wohlstand und Privilegien werden Kinder und Jugendliche in den Institutionen von Ollon nicht verhätschelt – Schulleitung und Eltern erwarten hohe Leistungen von den Schülerinnen und Schülern. Neben guten Noten wird von ihnen verlangt, sich aktiv in die Internatsgemeinschaft einzubringen und verschiedene Hauspflichten und Gemeinschaftsdienste zu erfüllen.
Ungeachtet der hohen Schulgebühren ist die Warteliste lang, denn der französischsprachige Luftkurort Villars-sur-Ollon bietet den Kindern seit über einem Jahrhundert eine ideale Umgebung, um in Ruhe, Sicherheit und malerischer Bergkulisse, begleitet von inspirierender Natur und exzellenten Freizeitmöglichkeiten, aufzuwachsen.
Leben und lernen in besonderer Kulisse
In Internaten erleben Kinder und Jugendliche eine besondere Form der Unterbringung. In deutschen Internaten teilen sich die Kinder in der Regel ein Zimmer in Doppelbelegung. Drei- und Vierbettzimmer sind seltener, während ältere Schülerinnen und Schüler oft Einzelzimmer bewohnen können. Meist leben etwa 6 bis 12 Kinder in einer Wohneinheit, betreut von Pädagogen. Gemeinsame Mahlzeiten sind oft ein besonderer Schwerpunkt. Bei der Verpflegung wird auf regionale und saisonale Küche Wert gelegt. Auch vegetarische Ernährungsvorlieben sowie Allergien und Unverträglichkeiten werden selbstverständlich berücksichtigt.
Eine gute Schule schafft starke Beziehungen. Gute Beziehungen entstehen vor allem durch gemeinsame Zeit und Aktivitäten. Das ist ein Luxus, den die Kinder im Internat haben. Ein Beispiel dafür ist die immer wichtiger werdende Demokratie- und Werteerziehung, die unter anderem durch die Übernahme echter Verantwortung für sich und andere stattfindet. Ich kenne kaum einen anderen Ort, an dem Selbstständigkeit, Teamspirit, Kommunikationsfähigkeit und Konfliktmanagement besser erlernt werden können als im Internat. Diese Fähigkeiten bilden die Grundlage für intensive, oft lebenslange und internationale Freundschaften.”
Die meisten Internatsunterkünfte sind bewusst einfach gestaltet: Bett, Tisch, Kleiderschrank, denn das Internatsleben spielt sich größtenteils sowieso in den Klassenräumen und in der Gemeinschaft ab. Faszinierender ist da häufiger die Kulisse: Ein Drittel der Internate sind in Schlössern untergebracht, ein weiteres Drittel war früher einmal ein herrschaftlicher Landsitz. 10 Prozent der Internatsschulen sind ehemalige Klöster und nur 13 Prozent moderne Neubauten.
Kleidervorschriften: Vielfalt statt Individualität
Eine feste Kleiderordnung, wie man sie aus Großbritannien kennt, ist an deutschen Internatsschulen eher selten. Lediglich traditionelle und konfessionelle Institutionen legen Wert auf einheitliche Schuluniform, darunter Schloss Neubeuern und Schloss Salem. Andere Internate wie das Landheim Ammersee, das Collegium Augustinianum Gaesdonck oder Klosterschule Roßleben setzen eher auf Kleiderempfehlungen statt feste Vorschriften.
Stipendien: Eine Chance für talentierte Kinder
So gut wie jede Internatsschule in freier Trägerschaft bietet Stipendien für Familien an, die sich den Besuch eines Internats für ihr Kind sonst nicht leisten könnten. Dieses Engagement entspringt einerseits dem Wunsch, talentierten und motivierten Schülerinnen und Schülern unabhängig von ihrem finanziellen Hintergrund gute Bildungschancen zu bieten. In manchen deutschen Internaten macht der Stipendiatenanteil bis zu 25 Prozent aus, so zum Beispiel in Birklehof oder der Schule Schloss Salem.
Es ist ratsam, sich direkt bei den Internaten über die verschiedenen Unterstützungsmöglichkeiten zu informieren und den Bewerbungsprozess für Stipendien oder andere finanzielle Hilfen zu erkunden.
Quellen
Alle Informationen im Artikel wurden sorgfältig recherchiert und auf ihre Plausibilität hin überprüft. Alle Preisangaben wurden den öffentlichen Informationen der Internate entnommen. Es handelt sich dabei jeweils um durchschnittliche Werte. Die tatsächlichen Kosten variieren unter anderem nach dem Schuljahr.
Informationen über typische Aktivitäten am Nachmittag stellen eine Auswahl dar und beruhen auf unseren Erfahrungswerten über außerschulische Angebote an deutschen Internaten. Gleiches gilt für das Tagesprogramm im Internat. Es handelt sich dabei um ein symbolisches Beispielprogramm.
Der Vergleich zwischen Internatsschule und öffentlicher Schule basiert auf Daten des Statistischen Bundesamtes zu Allgemeinbildenden Schulen 2022/2023 sowie auf eigenständiger Recherchen zu durchschnittlicher Klassenstärke, Schüler-Lehrer-Quote und Abiturschnitt in deutschen Internatsschulen. Insgesamt wurden 30 Internate ausgewertet.
Die Auswertung zur Unterbringung in besonderer Kulisse wurde eigenständig durchgeführt und berücksichtigt 30 Internate in Deutschland.