Saint Charles

Es gibt Orte in der Schweiz, die im Ausland als touristisches Ziel weitestgehend unbekannt sind. Und sogar die Schweizer selbst bedenken einen mit verwunderten Blicken, wenn man erzählt, dass man sich auf die Reise in den Kanton Jura begibt. Wir mutmaßen, dass die Schweizer hier ein wohlgehütetes Geheimnis wahren und vor möglichst vielen Touristen verbergen wollen. Durchaus verständlich, denn die Gegend an der Grenze zu Frankreich wirkt zwar auf den ersten Blick etwas abgelegen (tatsächlich fährt man aber von Porrentruy mit dem Zug in etwas über drei Stunden nach Paris oder in gar nur 45 Minuten nach Bern), aber landschaftlich zählt sie sicher zu einer der Schweizer Perlen. Und einer unerwarteten dazu, denn statt rauer Berghöhen der Hochgebirgsregionen erscheint einem die Fahrt durch die weiten Wiesen und Wälder lieblich voralpin.

In Mitten dieser Idylle findet sich die Kleinstadt Porrentruy im gleichnamigen Bezirk. Am Fluss Allaine liegt das ehemals katholische Internat Collège et Lycée Saint-Charles. Mit seinen eher konservativen Wurzeln hat das heutige St. Charles allerdings nicht mehr viel gemein, es gibt sich weltoffen und bietet neben der Swiss Maturité als bilingualer Französisch-Englischer Abschluss seit 2020 auch offiziell das IB (International Baccalaureat) an. Somit hat es sich zu einer akademisch attraktiven Option für Schüler aus ganz Europa entwickelt, und mit Jahresgebühren unter 80.000 CHF gilt es noch als verhältnismäßig günstig. In dieser Preisregion von „günstig“ zu sprechen, ist allerdings nur verständlich, wenn man St. Charles mit anderen Schweizer internationalen Internaten wie z. B. Beau Soleil vergleicht.

Zwar wurde das Hauptgebäude, aus dem 19. Jahrhundert stammend, in den 70er Jahren um einige Gebäude erweitert. Die sind zwar zweckmäßig aber nicht unbedingt extrem gemütlich. Allerdings dürfen sich die Mädchen ab dem Schuljahr 2021/22 freuen, in eine eigene, fußläufige Unterkunft in der malerischen Altstadt zu ziehen. Das wird sie einerseits freuen, andererseits haben sie dann ein Highlight von St. Charles nicht mehr vor der Haustür: das schuleigene Kino. Es ist voll intakt und ist an manchen Tagen auch der Öffentlichkeit von Porrentruy zugänglich. Doch die meiste Zeit wird es von den Schülern von St. Charles zum Beispiel als Aula genutzt. Und wenn man schon ein altes Kino sein Eigen nennt, will man es auch nutzen und so treffen sich an so manchem Wochenende die Schüler exklusiv zur Movie Night.

Wer sich diesen idyllischen Teil der französischen Schweiz in Zusammenhang mit einer internationalen, englisch-sprachigen Ausbildung für sein Kind vorstellen kann und nicht unbedingt die zum Teil horrenden Preise anderer Schweizer Internate ausgeben will, für den mag St Charles durchaus eine Alternative sein.